Wichtige Änderungen des Personengesellschaftsrechts zum 1. Januar 2024

Am 01. Januar 2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz: MoPeG) in Kraft.
Unternehmenstragende Gesellschaften, wie Berufsausübungsgemeinschaften von Ärzten, Medizinische Versorgungszentren, Sozietäten von Rechtsanwälten (soweit sie nicht Partnerschaftsgesellschaften sind) Steuerberatern oder Zusammenschlüsse von Handwerkern sowie vermögensverwaltende Gesellschaften, z.B. Grundstücksgesellschaften, erhalten zum ersten Mal seit Inkrafttreten des Personengesellschaftsrechts im Jahr 1900 die Möglichkeit, ihre Gesellschaft in den von den Bundesländern neu geschaffenen Gesellschaftsregistern registrieren zu lassen.

Das Personengesellschaftsrecht zeichnet sich dadurch aus, dass viele Regelungen der individuellen Gestaltung durch den Gesellschaftsvertrag vorbehalten sind. Daran ändert sich auch durch das MoPeG nichts. Die Gestaltungsfreiheit birgt aber die Gefahr, dass der Gesellschaftsvertrag u.U. Regelungslücken enthält, die nunmehr durch das MoPeG abweichend von den Vorstellungen der Gesellschafter geregelt werden könnten.

Wir raten deshalb allen Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, eine Überprüfung ihres Gesellschaftsvertrages vornehmen zu lassen, um unerwünschte Regelungen zu verhindern, die kraft Gesetzes zum Tragen kommen könnten. Diese Überprüfung könnte auch dazu genutzt werden, den Gesellschaftsvertrag an geänderte Gegebenheiten anzupassen, z.B. durch die Aufnahme einer Erlaubnis zum Einsatz moderner Kommunikationsmittel zur Einberufung und Abhaltung von Gesellschafterversammlungen.

1. Gesellschaftsregister

Auch sollten sich die Gesellschafter fragen, ob sie ihre Gesellschaft registrieren lassen sollten.
Die Eintragung im Gesellschaftsregister wird für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sicherlich von Vorteil sein, denn sie erhöht für den Rechtsverkehr die Transparenz hinsichtlich der einzelnen Gesellschafter und der Vertretungsverhältnisse.
Dies wird zur Folge haben, dass die Gesellschaft bei Vertragsabschlüssen ihren Vertragspartnern, etwa Banken, Vermietern, Versicherungen und Lieferanten nicht jedes Mal den Gesellschaftsvertrag vorlegen muss, um die für den Vertragsschluss notwendigen Informationen bezüglich der Personen der Gesellschafter und deren Vertretungsbefugnisse zu vermitteln.
Hinzu kommt, dass für die Vertragspartner der Gesellschaft die Beweiskraft einer Registereintragung deutlich höher ist, als diejenige eines Gesellschaftsvertrages. Der Gesellschaftsvertrag kann im Zeitpunkt der Vorlage beim Vertragspartner nicht mehr aktuell sein. Es können mittlerweile andere Personen Gesellschafter sein, als durch den Vertrag ausgewiesen. Dagegen können Vertragspartner, wenn die Gesellschaft im Register eingetragen ist, darauf vertrauen, dass die im Gesellschaftsregister aufgeführten Gesellschafter tatsächlich die aktuellen Gesellschafter sind (Registerpublizität).

Die Einsicht in das Gesellschaftsregister ist jedermann ohne Nachweis eines besonderen Interesses gestattet. Die elektronische Führung ermöglicht den interessierten Verkehrskreisen zudem eine sehr rasche Informationsbeschaffung bezüglich des Gesellschafterbestandes und der Vertretungsbefugnisse.

Durch die Registereintragung wird sich die GbR deshalb sehr viel leichter neue Geschäftspartner erschließen und außerdem ihre Kreditwürdigkeit verbessern können.

Die Eintragung im Gesellschaftsregister ist insbesondere auch dann von Vorteil, wenn zum Gesellschaftsvermögen in anderen Registern registrierte Gegenstände gehören, wie z.B. Grundstücke oder Anteile an anderen Gesellschaften.

Zwar ist die Eintragung im Gesellschaftsregister keine materielle Voraussetzung für den Erwerb eines Grundstücks, aber eine Eintragung der Gesellschaft als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch oder eines Gesellschaftsanteils im Handelsregister kommt erst dann in Betracht, wenn die Gesellschaft ihrerseits zuvor im Gesellschaftsregister eingetragen wurde.

Wenn eine Gesellschaft etwa mehrere Grundstücke hat, musste bislang bei jedem Gesellschafterwechsel jede einzelne Grundbucheintragung geändert werden. Künftig reicht es aus, den Gesellschafterwechsel im Gesellschaftsregister eintragen zu lassen.

2. Nachhaftungszeitraum

Ein weiterer Vorteil besteht in der besseren Kalkulierbarkeit des Nachhaftungszeitraums. Wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, dann haftet er grundsätzlich für die bis zu seinem Ausscheiden durch die Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten noch fünf Jahre lang.

Diese Nachhaftungsfrist fing bislang mit Kenntnis des jeweiligen Gläubigers vom Ausscheiden des Gesellschafters zu laufen an. Es konnte deshalb durchaus passieren, dass nicht alle Gläubiger über das Ausscheiden des Gesellschafters informiert waren mit der Folge, dass die Nachhaftungsfrist entsprechend länger lief.

Mit der Eintragung im Gesellschaftsregister wird erreicht, dass die Nachhaftungsfrist spätestens dann zu laufen beginnt, wenn das Ausscheiden des Gesellschafters im Gesellschaftsregister eingetragen wurde, sofern der Gläubiger nicht bereits zuvor Kenntnis erlangt hat.

3. Weitere Vorteile

Die Umwandlungsfähigkeit der eingetragenen eGbR wird jetzt infolge des MoPeG nach dem Umwandlungsgesetz anerkannt, was bislang nicht der Fall war.

Der Sitz der eGbR kann einen vom inländischen Vertragssitz abweichenden (auch ausländischen) Verwaltungssitz haben.

4. Zusätzlicher Aufwand

Allerdings sind mit der Eintragung in das Gesellschaftsregister auch eine Reihe von Pflichten und Kosten verbunden.
Der Rechtsverkehr kann sich nämlich grundsätzlich darauf verlassen, dass die Eintragungen im Gesellschaftsregister zutreffen. Falsche Eintragungen können deshalb zu Lasten der eingetragenen Gesellschaft gehen. Die Gesellschafter müssen aus diesem Grund stets an die Aktualisierung des Gesellschaftsregisters denken und diesbezüglich entsprechende Veranlassungen treffen.
Auch müssen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Namensführung eingehalten werden. Die Grundsätze des Firmenrechts sind zu beachten. Es muss deshalb ein zulässiger Name gewählt und benutzt werden. Anderenfalls können ordnungs- sowie zivilrechtliche Konsequenzen drohen.

Außerdem gibt es keine Opt-Out-Möglichkeit nach einmal erfolgter Eintragung. Die einmal herbeigeführte Eintragung kann nicht rückgängig gemacht werden. Eine Austragung aus dem Register ist erst nach Beendigung eines Liquidationsverfahrens möglich.
Die erstmalige Eintragung und spätere Änderungen sind über einen Notar vorzunehmen, wodurch Kosten entstehen, die bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bisher nicht angefallen sind.

Insgesamt wird man dennoch sagen können, dass die Vorteile der Eintragung die damit einhergehenden Nachteile überwiegen. Auch wird sich eine Verkehrserwartung dahingehend entwickeln, dass seriöse Gesellschaften nur solche sind, die im Gesellschaftsregister stehen. Mit der Eintragung in das Gesellschaftsregister wird deshalb ein Prestige- und Seriösitätsgewinn für die Gesellschaft einhergehen.

5. Beteiligungsverhältnisse

Die Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft richtet sich nicht mehr wie bisher nach Kopfanteilen, sondern nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge jedes Gesellschafters. Wenn der vorhandene Gesellschaftsvertrag insoweit Lücken haben sollte, wird ab Januar 2024 die gesetzliche Regelung greifen.

6. Beschlussmängelrecht bei Gesellschafterstreitigkeiten

Es besteht jetzt die Möglichkeit, Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen neu zu regeln. Im alten Recht waren keinerlei Regelungen zu den sog. Beschlussmängelstreitigkeiten enthalten, sondern der Gestaltung durch den Gesellschaftsvertrag überlassen. Von Gesetzes wegen ist die Unwirksamkeit eines Beschlusses durch Feststellungsklage geltend zu machen, ohne dass insoweit eine Klagefrist vorgesehen ist. Die Beschlussmängelklage ist gegen sämtliche Gesellschafter zu richten. Auch bisher konnten Beschlussmängelstreitigkeiten abweichend vom Gesetz im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. Gerade bei einer Vielzahl von Gesellschaftern bietet sich eine Regelung im Gesellschaftsvertrag an, wonach die Klage stattdessen gegen die Gesellschaft gerichtet werden kann. Sofern der Gesellschaftsvertrag nichts abweichendes bestimmt, gilt für die GbR, dass mangelbehaftete Gesellschafterbeschlüsse nichtig sind. An der alten Rechtslage ändert das MoPeG nichts. Es wird aber nunmehr ein neues Regelungswerk für Beschlussmängelstreitigkeiten in den §§ 110 ff. HGB n.F. eingeführt, deren Geltung die Gesellschafter durch Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vereinbaren können (sog. Opt-in-Regelung).

Bei vertraglich vereinbarter Geltung des § 110 HGB ist ein Gesellschafterbeschluss nur noch dann automatisch nichtig, wenn er durch seinen Inhalt Rechtsvorschriften (Gesetz oder Satzung) verletzt, auf deren Einhaltung die Gesellschafter nicht verzichten können.
Das sog Opt-in hat für die GbR-Gesellschafter den Vorteil, dass eine Anfechtung nur innerhalb eines zeitlich festgelegten Zeitraums möglich ist, was zu deutlich größerer Rechtssicherheit führt. Wegen der gravierenden Folgen im Hinblick auf die Bestandskraft fehlerhafter Beschlüsse bei unterlassener oder verfristeter Anfechtung kann die Vereinbarung der Geltung von §§ 110 ff. HGB n.F. ohne sorgfältige Prüfung der Interessenlage der jeweiligen Gesellschaft jedoch nicht automatisch empfohlen werden. Da das Wahlrecht keine Alles-oder-Nichts-Lösung verlangt, können je nach Interessenlage individuelle Lösungen für das Beschlussmängelrecht im Gesellschaftsvertrag gefunden werden.

7. Ausscheiden von Gesellschaftern – Beendigung der Gesellschaft

Dem Fortbestand der GbR wird beim Ausscheiden von Gesellschaftern nun der Vorrang eingeräumt. Tod, Insolvenz oder andere Ausscheidensgründe in der Person eines Gesellschafters führen nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft, sondern zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters. Durch Nachfolgeklauseln kann die Gesellschafterstellung – wie bisher – vererbt werden. Neu ist, dass der Erbe verlangen kann, ihm die Stellung eines beschränkt haftenden Gesellschafters (Kommanditisten) einzuräumen, wenn die Fortführung der Gesellschaft als Kommanditgesellschaft rechtlich zulässig ist.

8. Beratung

Spätestens mit Inkrafttreten des MoPeG am 01. Januar 2024 sollte sich jede Gesellschaft fragen, ob eine Eintragung in das Gesellschaftsregister für sie in Betracht kommt. Gerne beraten wir Sie zu dieser Thematik.
Bei diesem Anlass sollten Sie auch den Gesellschaftsvertrag durch uns überprüfen lassen. Erfahrungsgemäß schlummern Gesellschaftsverträge bei einvernehmlich geführten Gesellschaften häufig seit dem Abschluss des Vertrages ungeprüft in einer Schublade. Ein Gesellschaftsvertrag ist aber eine wichtige Notfallfürsorge für den Fall, dass es zu einem Wechsel im Bestand der Gesellschafter kommt bzw. sich die Gesellschafter streiten sollten. Vor Jahren abgeschlossene Gesellschaftsverträge sollten deshalb in regelmäßigen Zeitabständen darauf überprüft werden, ob sie noch die aktuellen Wünsche und Vorstellungen der Gesellschafter widerspiegeln.
Außerdem wird das MoPeG eine Reihe von bisherigen Regelungen des Personengesellschaftsrechts ändern. Die Gesellschaftsverträge sollten deshalb auch daraufhin von uns überprüft werden, ob sie mit der ab dem 01. Januar 2024 geänderten Rechtslage noch im Einklang stehen oder an die neue Rechtslage angepasst werden müssen.