Verbraucherrechte, Vergleichsportale und Zahlen mit peronenbezogenen Daten: Welche Neuerungen ab 28. Mai 2022 gelten

Im Rahmen einer umfassenden Eignungsprüfung des Verbraucher- und des Marketingrechts in der Europäischen Union durch die Europäische Kommission, als Teil der EU-Verbraucherschutzinitiative „New Deal for Consumers“, wurde festgestellt, dass mehrere verbraucherschützende Rechtsakte der Europäischen Union der Modenisierung bedürfen und zudem die Möglichkeiten zur Durchsetzung des Verbraucherschutzrechts verbessert werden müssen. Zu diesem Zweck wurde die Richtlinie (EU) 2019/2161 vom 27. November 2019 erlassen. Es handelt sich dabei um eine Änderungsrichtlinie, die die Richtlinien über missbräuchliche Vertragsklauseln (93/13/EWG), über Preisangaben (98/6/EG), über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG) und über die Rechte der Verbraucher (2011/83/EU) an die bessere Durchsetzung und die Modernisierung des Verbraucherschutzes anpasst.

Die Änderungen dieser Richtlinie müssen die Mitglieder der EU in nationales Recht umsetzen, sodass die Änderungen spätestens ab dem 28.05.2022 wirken. Der deutsche Gesetzgeber hat entsprechende Gesetze bereits erlassen. Vor allem konzentrieren sich die Änderungen hier auf das BGB, das EGBGB und das UWG. Im Folgenden wird ein Überblick über die bedeutendsten Änderungen gegeben.

Betreffend das UWG

Das am 10.08.2021 verkündete und am 28.05.2022 in Kraft tretende Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht, zur Umsetzung der die Richtlinie 2005/29/EG betreffenden Teile, bringt grundlegende Neuerungen.

Klagerecht für Verbraucher

Verbraucher erhalten einen Schadensersatzanspruch bei Verstößen gegen die verbraucherschützenden Vorschriften des UWG, der sich dann auf das negative Interesse richtet: Der Verbraucher ist so zu stellen, als hätte es die unlautere geschäftliche Handlung nicht gegeben. Im Fall eines Vertragsschlusses mit dem unlauter handelnden Unternehmen kann sich der Verbraucher damit vom Vertrag lösen oder einen Minderwert ersetzt verlangen. Gab es noch keinen Vertragsschluss, kann der Verbraucher – zum Beispiel bei irreführender Werbung – etwa vergebliche Kosten für die Anfahrt zum Ladengeschäft geltend machen. Die Neuregelung des UWG ist ein grundlegender Wandel im Aktionssystem des UWG und ermöglicht es Verbrauchern, auch ohne eine vertragliche Beziehung und im Fall bloßer Fahrlässigkeit gegen Unternehmen wegen Verstoßes gegen die verbraucherschützenden Regeln des UWG vorzugehen.

Neue Bußgeldregelung

Die Angleichung der behördlichen Sanktionen in den Mitgliedstaaten der EU und die Implementierung wirksamer und effizienter behördlicher Durchsetzungsmechanismen ist ausdrückliches Ziel der Richtlinie EU 2019/2161. Daher sieht deren Art. 3 Nr. 6 die Einführung eines Bußgeldtatbestands bezüglich weitverbreiteter gegen die Regeln der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vor. Dies wird mit den Änderungen des UWG umgesetzt, die auch eine Reihe von Anpassungen der Bußgeldnormen vorsehen.

Online-Marktplätze, Ranking und Verbraucherbewertungen

Die Bedeutung der Plattformökonomie im Internet wächst und ist auf den einzelnen Märkten häufig in der Hand weniger, großer Plattformbetreiber. Die Richtlinie (EU) 2019/2161 steht hier zusammen mit der Verordnung (EU) 2019/1150, die Suchmaschinenbetreiber dazu verpflichtet, die wesentlichen Parameter und ihre Gewichtung für das Ranking im Suchergebnis verständlich und leicht einsehbar für die Nutzer bereitzustellen. Diese Anforderung an Transparenz wird durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 auf Online-Marktplätze und Vergleichsportale übertragen. Zudem werden Online-Marktplätze dazu verpflichtet, darüber aufzuklären, ob der einzelne Anbieter gewerblich oder privat handelt, und wie sichergestellt wird, dass die Kundenbewertungen von tatsächlichen Käufern stammen. Dies wurde in deutsches Recht umgesetzt. In einem neuem § 5b UWG finden sich fortan gesammelt die konkreten, durch das Europarecht vorgegebenen Transparenzanforderungen. Das sind zunächst die bisherigen Regelungen der Absätze 3 und 4 des § 5 a UWG. Hinzu kommen die neuen Transparenzanforderungen für Online-Marktplätze.

Weitere Änderungen

Ebenfalls enthalten sind Reihe von kleineren Änderungen zu Spezialfragen, die aber nur teilweise durch die Richtlinie veranlasst sind. So etwa die Ergänzung des § 5 a IV 2 UWG zur Werbekennzeichnung von Influencerbeiträgen. Ein kommerzieller Zweck soll nur dann anzunehmen sein, wenn der Influencer für seinen Beitrag ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erhält.

Betreffend das BGB und das EGBGB

Das ebenfalls am 10.08.2021 und verkündete und am 28.05.2021 in Kraft tretende Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union ergibt sich vor allem aus dem Teil der Richtlinie, durch den die Klauselrichtlinie (93/13/EWG) und die Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) geändert und ergänzt wurden. Dies betrifft vor allem Anpassungen im Hinblick auf Verträge über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen, unter besonderer Berücksichtigung des „Bezahlens“ mit personenbezogenen Daten.

Digitale Inhalte und personenbezogene Daten

Die Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) gilt nun auch für Verträge über die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen, für die der Verbraucher keinen Preis zahlt, sondern innerhalb der er dem Unternehmer personenbezogene Daten zur Verfügung stellt. Allerdings erfordern diese Neuerungen nur teilweise Änderungen des BGB. Denn die §§ 312 ff. BGB, vor allem der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie dienend, gelten bereits jetzt für alle Verträge, die eine „entgeltliche Leistung“ zum Gegenstand haben, also auch für Verträge über digitale Dienstleistungen, für die mit personenbezogenen Daten in gewisser Weise „bezahlt“ wird.

Änderungen im Widerrufsrecht

Änderungen gibt es auch im Hinblick auf das Widerrufsrecht bei Verträgen im digitalen Bereich. Bei digitalen Inhalten und Dienstleistungen wird künftig unterschieden zwischen Verträgen, bei denen der Verbraucher Geld bezahlen muss, und solchen, bei denen er mit personenbezogenen Daten „bezahlen“ kann.

Das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen, bei denen der Verbraucher mit personenbezogenen Daten für eine digitale Dienstleistung zahlt, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist, bei digitalen Inhalten, wenn der Unternehmer mit der Erfüllung des Vertrags begonnen hat.

Insofern fallen nur digitale Inhalte, die nicht auf einem physischen Datenträgerbereitgestellt werden, also z. B. per Download, unter das neue Gesetz. Digitale Dienste sind Dienste, die den Umgang mit Daten ermöglichen, wie Clouds, Filehosting oder Streaming-Dienste.

Digitale Dienste werden in dem neuen § 356 Abs. 4 BGB behandelt, digitale Inhalte in § 356 Abs. 5 BGB.

Transparenzpflichten für Online-Marktplätze

Wichtiger Bestandteil der Richtlinie ist die Festlegung der Transparenz von Online-Marktplätzen gegenüber Verbrauchern. Dies wird im deutschen Recht so auch umgesetzt.

Die Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen werden in einem neu einzufügenden § 312k BGB (der bestehende § 312k wird zu § 312l) festgeschrieben. Einzelheiten über die Informationspflichten werden in einem neuen Artikel 246d des EGBGB festgehalten. Diese betreffen vor allem die Offenlegung der Hauptparameter für die Festlegung des dem Nutzer präsentierten Rankings, Angaben über die Unternehmereigenschaft derjenigen, die ihre Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte auf dem Online-Marktplatz anbieten, und die Anwendbarkeit des Verbraucherschutzrechts.

Daneben werden Betreiber eines Online-Marktplatzes zur Information über weitere Umstände verpflichtet, die für die Entscheidung eines Verbrauchers über einen Vertragsabschluss auf einem Online-Marktplatz wesentliche Bedeutung haben. Dabei handelt es sich insbesondere um mögliche wirtschaftliche Verflechtungen und die Marktabdeckung, die das Bundeskartellamt in seinem im April 2019 vorgelegten Abschlussbericht seiner Sektoruntersuchung zu Vergleichsportalen im Internet u.a. als Problemfeld in der Praxis identifiziert hat. Danach gehören zu den weiteren Informationspflichten die Information über etwaige nicht unerhebliche Verflechtungen des Betreibers eines Online-Marktplatzes mit einem Anbieter auf seinem Marktplatz, bei Vergleichsportalen die Information über die Anbieter, die bei der Erstellung des dem Verbraucher auf eine Suchanfrage präsentierten Vergleichs berücksichtigt wurden sowie, vor allem im Hinblick auf Ticketbörsen. die Information über den vom Veranstalter festgelegten Preis für auf einem Online-Marktplatz angebotene Eintrittsberechtigungen.

Nebenschauplätze

Neben den bedeutenden Änderungen des UWG, des EGBGBG und des BGB zieht die Richtlinie auch noch eine Reihe kleinere Änderungen in anderen Gebieten des deutschen Rechts nach sich. Dies betrifft eher redaktionellen Änderungen, aber auch inhaltliche Änderungen. Beispielhaft genannt sei hier die Änderung zu sogenannten Kaffeefahrten (organisierte Tagesreisen, die mit oftmals überrumpelnden Verkaufsveranstaltungen verknüpft werden). So gestattet die neue Richtlinie nationalen Gesetzgebern strengere Bestimmungen für Werbung an der Haustür und Kaffeefahrten. Dies greift der deutsche Gesetzgeber auf, indem er die Gewerbeordnung dahingehend ändert, dass betreffend Kaffeefahrten die Anzeige- und Informationspflichten der Veranstalter gegenüber der zuständigen Behörde und gegenüber den teilnehmenden Verbrauchern erhöht werden.