Provisionsabgabeverbot und Versicherungsberatung

Das Provisionsabgabeverbot könnte noch im Juli 2017 im deutschen Gesetz verankert werden, sofern der Gesetzesentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums in die Novellierung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) aufgenommen wird.

Das Provisionsabgabeverbot

Das Provisionsabgabeverbot im Versicherungswesen verbietet es Versicherungsmaklern und Versicherungsberatern, Sondervergütungen in Form von Provisionen zur Verhinderung eines ruinösen Wettbewerbs an den Kunden auszukehren. Kritiker des Verbots sehen in der Provisionsabgabe jedoch eine legitime Möglichkeit für den Versicherungsvermittler, sich gegenüber seinen Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen und merken an, dass aus der daraus resultierenden Preissenkung im Ergebnis die Versicherungsnehmer profitieren. Auch die Rechtsprechungshistorie zeigt, dass sich die Gerichte in den letzten Jahren vermehrt gegen ein Verbot ausgesprochen haben. So hat der BGH eine Vereinbarung zwischen Vermittler und Versicherungsnehmer über die Weitergabe der Provision trotz Verstoßes gegen die Verbotsnorm für wirksam erklärt, da sie kein gesetzliches Verbot iSd § 134 BGB darstelle (BGH, Urt. v. 17.6.2004 – III ZR 271/03).  Auch das OLG Köln ist unlängst von einer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung des Verbots ausgegangen (OLG Köln, Urt. v. 11.11.2016 – 6 U 176/15).

Im Juli 2017 wird die Verordnung, in der das Provisionsabgabeverbot derzeit noch gesetzlich normiert ist, aufgehoben. Dies hätte einen jahrelangen Streit beenden können. Allerdings hat die Bundesregierung im Zuge der Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie Insurance Distribution Directive (IDD) einen neuen Gesetzentwurf veröffentlicht und – in überschießender Manier – auch Änderungen im VAG und dort insbesondere die Einführung eines einfachgesetzlichen Provisionsabgabeverbots vorgesehen. Die EU-Richtlinie selbst kennt ein derartiges Verbot nicht – in keinem anderen Mitgliedstaat ist ein derartiges Verbot vorgesehen.

Neuregelung gemäß § 48b VAG

Die entsprechende Regelung findet sich im Gesetzgebungspaket im geplanten § 48b VAG. Mit der Einführung der Norm soll das umstrittene Verbot nunmehr in rechtssicherem Boden verankert werden (vgl. BT Drucksache 18/11627 – Vorabfassung). Dies hätte insbesondere zu Folge, dass es sich bei dem Verbot nunmehr um eine Marktverhaltensregel handeln würde – also um eine Vorschrift, die Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen schützt. Unabhängig von Sanktionsmöglichkeiten der BaFin und der IHKs dürfte es daher künftig vermehrt wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen geben. Die oben aufgeführte Entscheidung des OLG Köln wäre damit hinfällig.

Auswirkungen auf die Praxis

48b Abs. 4 VAG sieht zwei Ausnahmen vom Verbot vor: Zulässig bleiben zum einen „geringwertige“ Abgaben von unter EUR 15,- pro Jahr und Vertrag und zum anderen jene Zahlungen, die „zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags“ verwendet werden. In der Gesetzesbegründung hierzu heißt es, dass Fehlanreize für den Verbraucher vermieden würden, wenn die Sondervergütung langfristig dem Versicherungsverhältnis zu Gute käme.

Klare Differenzierung zwischen Versicherungsvermittlung und Versicherungsberatung

Im Gesetzentwurf ist in § 34d Abs. 1, 2 GewO zudem eine klare Trennung zwischen Versicherungsberatern und Versicherungsvermittlern vorgesehen. Zur Berufsgruppe der Vermittler sollen wie bislang auch die Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler zählen.  Neu ist, dass diese künftig nur noch vom Versicherungsunternehmen vergütet werden dürfen, wohingegen Berater ausschließlich vom Kunden bezahlt werden. Dadurch soll dem Kunden die Unterscheidung erleichtert und gleichzeitig verhindert werden, dass Vermittler für Beratungsleistungen zusätzlich noch eine Unabhängigkeit suggerierende Honorarvereinbarung abschließen. Versicherungs„makler“ müssen sich also künftig entscheiden, ob sie als Vermittler oder Berater tätig werden wollen.

Im ebenfalls neu einzuführenden § 48c ist zudem ein sog. Durchleitungsgebot vorgesehen, welches garantiere soll, dass das Versicherungsunternehmen im Falle der Vermittlung eines Bruttotarifs die im Vertrag enthaltene Zuwendung unverzüglich im Wege der Gutschrift auf ein Prämienkonto des Versicherungsnehmers überweist. Die Gutschrift soll höchstens 80 % der in den ersten fünf Jahren nach Vertragsschluss zu entrichtenden Prämien betragen. Alternativ könne die Auskehrung auch im Wege der Prämienreduzierung erfolgen.

Die Neuregelung kommt in erster Linie den Honorar-Versicherungsberatern – so die neue Berufsbezeichnung – zu Gute. Diese könnten schon bald besagte Bruttotarife vermitteln, ohne selbst in Kontakt mit den enthaltenen Zuwendungen zu kommen. Diese von der Regierung gewollte Stärkung der Honorarberatung stößt beim Verband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (VDVM) auf Kritik, da sie den Berufsstand der Versicherungsmakler, den Sachwaltern der Kunden, nachhaltig schädige. Es sei zu befürchten, dass Versicherer künftig nur noch Netto-Tarife anbieten um das bürokratische Verfahren der Gutschreibung der Prämien zu umgehen. Diese Art der Vermittlung bleibe dem Versicherungsmakler verwehrt.

Fazit

Provisionsabgabeverbot und Durchleitungsgebot erleichtern dem Kunden die Unterscheidung zwischen Beratern und Vermittlern und stellen sicher, dass jegliche Zuwendung letztlich dem potentiellen Versicherungsnehmer zu Gute kommt. Gleichzeitig sieht die Neuregelung Ausnahmetatbestände vor, die faktisch nur von Versicherungsgesellschaften erfüllt werden können, hingegen nicht von Maklern. Die neuen §§ 48b, 48c VAG treten bereits am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft. Dies ist voraussichtlich noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2017. Eine Übergangsfrist ist nicht vorgesehen.