Brexit – Risiko für Englische Limiteds in Deutschland?

Nach der Abstimmung über den Brexit stehen die in anderen EU-Staaten ansässigen Gesellschaften in der Englischen Rechtsform der Limited vor der Frage, welche Auswirkungen der Austritt von Großbritannien aus der Europäischen Union für sie haben wird.

Limiteds nach Englischem Recht waren in der Vergangenheit ein Erfolgsmodell und wurden auch im EU-Ausland vielfach als Alternative zur GmbH und anderen haftungsbeschränkten Gesellschaftsformen gewählt. Der EuGH stellte in der Rechtssache Centros klar, dass der Zuzug von Gesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten nicht beschränkt werden darf. In der Folgezeit wurden zahlreiche Limiteds nach Englischem Recht gegründet, deren Verwaltung und Geschäftstätigkeit aber nicht von England aus, sondern ausschließlich aus anderen EU-Mitgliedsstaaten heraus erfolgte. In Deutschland wurden für solche Limiteds Zweigniederlassungen im Handelsregister eingetragen.

Was wird sich ändern?

Nach einem Austritt Großbritanniens aus der EU und dem EWR können sich Englische Gesellschaften nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen.

Das dürfte zur Folge haben, dass in Deutschland ansässige Limiteds nach der vom Bundesgerichtshof vertretenen „modifizierten Sitztheorie“ nicht mehr als Kapitalgesellschaft angesehen würden, sondern als „Scheinauslandsgesellschaften“. Diese werden im Allgemeinen den Regeln für Personengesellschaften unterworfen (BGHZ 151, 204).

Dies führt zu gravierenden Veränderungen für die Haftung der Gesellschafter der Limited. Während die Limited bisher nur mit dem Vermögen der Gesellschaft haftete, würde ihre Haftung sich nun – wie bei einer deutschen Personengesellschaft – nach §§ 128 ff. HGB richten, mit der Folge, dass die Gesellschafter unbeschränkt persönlich haften.

Im Hinblick auf die Besteuerung ergeben sich keine derart umfangreichen Veränderungen: Bisher war die Limited in Deutschland wie eine deutsche GmbH zu besteuern. Nach dem Brexit würde sie auch steuerrechtlich voraussichtlich entsprechend einer deutschen Personengesellschaft behandelt werden.

Was tun?

Die Gesellschafter von in Deutschland und anderen EU-Staaten ansässigen Limiteds werden die Situation sorgfältig beobachten müssen. Um unerwünschte Haftungsfolgen zu vermeiden kann es zukünftig erforderlich werden, die Rechtsform zu wechseln. Ein schlichter, die Identität des Unternehmens wahrender Rechtsformwechsel von einer Limited zu einer GmbH ist zwar mit einigen praktischen Schwierigkeiten verbunden, dürfte aber bis zum Wirksamwerden eines Austritts von Großbritannien aus der EU zulässig sein. Die auf den ersten Blick naheliegende Alternative, in Deutschland eine neue Gesellschaft zu gründen und die Limited zu liquidieren, wird demgegenüber in vielen Fällen zu steuerlich unerwünschten Konsequenzen führen weil stille Reserven aufgedeckt werden müssten. Als dritte, in vielen Fällen vorzugswürdige Möglichkeit bietet sich die Verschmelzung der Limited auf einen deutschen Rechtsträger, etwa eine GmbH, an. Eine Verschmelzung ist bis zum Wirksamwerden des Austritts von Großbritannien aus der EU nach den Companies Cross Border Mergers Regulations (CCBMR 2007) bzw. § 122a ff. UmwG ohne weiteres möglich. Nach einem Brexit werden die Regelungen der §§ 122a ff. UmwG zwar unanwendbar sein. Man wird aber derzeit vorsichtig prognostizieren können, dass auch nach einem Brexit eine Verschmelzung nach den allgemeinen Regeln als zulässig angesehen würde.

Gilt für bereits eingetragene Limiteds Bestandsschutz?

Dass es einen Bestandsschutz für die bereits in Deutschland ansässigen Limiteds geben wird, ist bislang nur eine Hypothese. Die Gewährung von Bestandsschutz setzt einen entsprechenden politischen Willen voraus. Für die politische Willensbildung erwarten wir, dass der Grundsatz der Gegenseitigkeit eine nicht unerhebliche Bedeutung haben wird. Nach derzeitiger Lage der Dinge ist aber nicht zu erwarten, dass Großbritannien die Geltung der Niederlassungsfreiheit selbst beibehalten wird, da ihre Abschaffung eines der Hauptargumente der Brexit-Befürworter war. Insofern wäre auch nicht davon auszugehen, dass die übrigen EU-Mitgliedsstaaten auf diesem Gebiet für Großbritannien vorteilhafte Regelungen treffen werden. Wo die Niederlassungsfreiheit aber nicht mehr gilt, gibt es keine rechtliche Grundlage dafür, nach Englischem Recht gegründete aber ausschließlich von Deutschland aus agierende Limiteds vom Typenzwang des deutschen Gesellschaftsrechts zu befreien und Gesellschaftsformen aus Drittstaaten zu akzeptieren.

Ob die deutsche Rechtsprechung die Haftungsbeschränkung von im Deutschen Handelsregister mit einer Zweigniederlassung bereits eingetragenen Limiteds anerkennen wird ist ebenfalls offen.